Mittwoch, 18. Januar 2012

Das Ende von 2011. Teil II: Apfent und Weihnachten

Wir im gemuetlichen Bayern verbinden mit Advent und Weihnachten den Gedanken an Gluehwein, Plaetzchen, Geschenke kaufen und verpacken, Harfenmusik, Schneeflocken.

Davon gibt es in Argentinien nichts!

Adventkraenze findet man lediglich in den Kirchen. In den Fersehtalkshows kann man gelegentlich einen mehr oder weniger kitschigen Weihnachtsbaum erspaehen. Und das eine oder andere Schaufenster in der Stadt ist mit Weihnachtsmaennern, Renntieren (!) und/oder Kunstschneeflocken uebersaet.
Ansonsten von Advent keine Spur!

Der Weihnachtstag bzw. Abend wird hier in Argentinien als grosses Familienfest gefeiert. Tags ueber geht jeder seiner gewohnten Arbeit nach. Einzige Ausnahme: es werden Berge von Fleisch eingekauft - fuer die Feier am Abend.

Um 18 h habe ich mit einem meiner Mitbwohner den Gottesdienst in einer nahegelegenen Kapelle besucht. Ganz argentinisch sind wir 20 Min. zu spaet gekommen. Das war aber nicht weiter schlimm, denn der diensthabende Pfarrer musste mit seiner Gemeinde erst einmal die weihnachtlichen Gesaenge ueben. Ohne Orgel. Ohne Gitarre. Mehrstimmig im wahrsten Sinn des Wortes.

Nach Sonnenuntergang versammelt sich dann die ganze Familie und das Feuer wird entzuendet. Hat die Glut den gewuenschten Status erreicht, wird Fleisch aufgelegt. Aus gegebenen Anlass natuerlich nur die besten Stuecke!


Beim gemeinsamen auf´s-Fleisch-aufpassen-Gespraech habe ich so nebenbei erfahren, dass sich keiner um die Getraenke gekuemmert hat. Was konkret bedeutet, bis zu diesem Zeitpunkt war geplant, Weihnachten mit Fanta und Coka Cola zu feiern. DASS hat dann doch mein Herz etwas unsanft beruehrt, sodass ich mit meinem Kumpanen nochmals ausgerueckt bin, um zwei edle und gut gekuehlte Flaschen argentinischen Gerstensaftes zu ergattern.


So - nun war alles bereitet und die Familie versammelt. Das Fleisch war fertig und saftig, das Bier kuehl und die festliche Versammlung frohen Mutes!
So ein Festbankett zieht sich schon einige Zeit hin. Wir haben etwa eineinhalb Stunden gegessen, bis wir dann zum Nachtisch uebergehen konnten.

Und dann war es ploetzlich Mitternacht. Manch einer sitzt da in der Mitternachtsmette oder guckt im Fernsehn die Mette mit dem Papst in Rom an.

Hier in Argentinien erinnert das Ganze eher an ein vorgezogenes Silvester. Um Mitternacht wird erst mal auf Weihnachten angestossen.

Und dann laesst es der gemeine Argentiner so richtig krachen: Mit einem Feuerwerk, dass fuer einige Minuten die Nacht zum Tag macht.



Fuer die kleinen Gaeste ist das natuerlich DAS Highlight des Tages!


Hauptsache: Laut und/oder viele Funken!

Nach so viel Anstrengung braucht es natuerlich wieder ein kleine Staerkung. In diesem Fall von leichtverdaulichen Suessigkeiten. Das Buffet kann sich durchaus sehen lassen!



Tja - und so klingt dann auch der Weihnachtsabend allmaehlich aus. Der erste Weihnachtstag ist auch in Argentinien ein Feiertag. So kann jeder sorgen- und stressfrei ausschlafen.
Noch ein Erinnerungsfoto und dann ab in die Federn!



Montag, 16. Januar 2012

Das Ende von 2011. Teil I: Geburtstagsfeier

Liebe Leser meines Blogs,

zugegeben - ich bin mit der Berichterstattung etwas im Hintertreffen. Das liegt daran, dass ich im Dezember einiges zu tun hatte und ab Weihnachten zwei Wochen reisen durfte und nach meiner Ankunft hier gleich wieder das Ruder in die Hand nehmen musste.
Doch alles der Reihe nach!!!

Es ist Gesetz bei uns auf Erden,
dass alle staendig aelter werden ...

Diesem eiserenen Gesetz folgend hat es auch mich erwischt. Im Dezember war mein Geburtstag.
Hier in Lateinamerika sind Geburtstage das zweitwichtigste im Leben eines jeden Menschen. Dementsprechend wird auch (ausgelassen) gefeiert.

Los gings bei mir am Geburtstagsmorgen um 7.30 h mit einer Privatmesse (weil nur ich und mein Padre da waren!). Dann durfte ich das Mittagessen bestimmen und wir haben zu diesem Anlass verschwenderisch eingekauft. Das Ergebnis: Ueberbackener Kuerbis. Seeehr lecker!!!

Der Tag verlief dann wie gewohnt mit Jugendliche bespassen, Fussball spielen, zwei oder drei Partien Schach (die ich allesamt verloren habe).

Am Abend war dann das samstaegliche Treffen der Freiwilligen. Normalerweise endet der Samstag um 20 h mit Ende des Treffens und alle/jeder geht nach Hause. Nicht so an jenem Samstag!!

Gegen 21 h, kurz nach Einbruch der Dunkelheit, haben wir das Feuer entzuendet und einer der Mitarbeiter, Martín, hat - extra fuer mich - seine beruehmt beruechtigte Pizza gezaubert.
Wie ihr hier seht, schmeckt sie er erlesenen Runde hervorragend.

 Das Wichtigste aber kommt bekanntlich zum Schluss: Die Geburtstagstorte!! Sie ist eine unbeschreibliche Anhaeufung von Zucker und Kalorien.Sie besteht aus einem festen Teig, der jedoch sehr saugfaehig ist.
Bei der Bereitung schneidet man die Torte in verschiedene Schichten, traenkt selbige mit mehr oder weniger Alkohol (vorwiegend Rum) und fuellt sie mit allem, was suess ist/schmeckt: Dulce de leche (vergleichbar mit unserem Nutella), Marmelade, Sahnecreme und und und ...

Auch das Anschneiden will gelernt sein. Derartige Torten kann man nicht in die von zu Hause gewohnten Stuecke schneiden. Sie waeren zu gross bzw. zu reichhaltig. Man schneidet zuerst innen einen etwa handgrossen Ring aus, um dann - quasi am aeusseren Ring - die einzelnen Stuecke abzuschneiden. Die Stuecke werden dadurch klein und handlich und sind ob des vielen Zuckers voellig ausreichend!

Tja - so feiert man(n) in Lateinamerika Geburtstage. Selbstverstaendlich ist, dass vom Schmaus immer noch etwas ueberig bleibt. Das gibts dann am naechsten Morgen zum Fruehstueck ...


Dienstag, 15. November 2011

Einfach essen - einfach essen. Oder: Warum eine "bloede Kuh" manchmal gar nicht so bloed ist!!

Boese Zungen behaupten, in Argentinien gaebe es viele, viele Rindvieher.

Das stimmt auch!

Geneuaer gesagt sind es schaetzungsweise 50 bis 60 Millionen. Die sind natuerlich nicht alle fuer den Export bestimmt. Weil es so viele sind und die Rinderzucht nicht gerade sehr kosten- itensiv ist, ist Rindfleisch sehr billig und sprichwoertlich in aller Munde.
Dafuer ist Schweinefleisch sehr teuer. Also genau ungekehrt wie in Deutschland.

Rindfleisch ist somit ein eher einfaches Essen. Wenn man(n) Hunger hat, kauft man(n) sich in der carniceria (woertl. Fleischerei) um die Ecke einfach ein bisschen tote Kuh und schon kann das Schlemmen losgehn.
 

Die Zubereitung von Speisen ist in manchen Faellen eine Kunst fuer sich. Besonders die Aus- wahl der Zutaten, vor allem der Gewuerze, soll schon in so mancher Kueche fuer Diskussionen gesorgt haben.
Das argentinische Kotelett zum Beispiel ist diesbezueglich sehr genuegsam. Mit etwas Salz und Pfeffer verwoehnt, ist es schon zufrieden.
 

Dann kommt das wichtigste: Immer schoen warm halten!! So wie auf diesem Bild. Das mag das argentinische Kotelett besonders gerne. Ist es ja schliesslich von seinem Entstehungsort her gewohnt!

Natuerlich isst man(n) so ein saftiges Stueckchen nicht alleine. Ein paar einheimische Knollenwurzelgewaechse, umgamgssprachlich auch als papas (Kartoffeln) bezeichnet, gesellen sich immer gerne dazu.


Da man(n) diese allerdings nicht roh verspeisen sollte, ist es von Noeten, selbige in siedendem Fett durchzugarren. Praktischer Weise schneidet man(n) die Kartoffel in kleine, mundtaugliche Portionen. So verkuerzt sich die Zeit des Wartens beim Garren und als Nebeneffekt erhalten die Kartoffelstueckchen einen schoenen braunen Teint. Und knusprig werden sie auch. Als zweiter Nebeneffekt.

So - jetzt ist das einfache argentinische Essen eigentlich schon fertig. Fehlt nur noch die gediegene Anordnung auf dem Teller. Hier ein gelungenes Beispiel:

Wie auf dem Bild deutlich zu sehen ist, sollte ein einheimisches Getraenk nicht fehlen. In diesem Fall hat sich der fotografierende Esser fuer einen Trauebensaft, der zur besseren Lagerung gezielt vergoren wurde, entschieden. Bei diesem edlen Tropfen handelt es sich um einen 2009er Malbeck aus dem Gebiet um Mendoza,  das Weinanbaugebiet Argentiniens schlechthin.

Tja und am Ende bleibt dann nicht mehr viel uebrig ...


Wie gesagt: es ist ein relativ einfaches Essen, dass man(n) einfach so zwischendurch essen kann. Hier in Argentinien ist es so beliebt wie in Deutschland die Pasta unter Studenten.



Fazit: Éinfach essen - einfach éssen!!


¡Buen provecho!  -  Guten Appetit!

Freitag, 4. November 2011

Mal was Religioeses: Warum manch Argentinier mehr als nur eine Leiche im Keller hat. Bestattungskultur in Argentinien

Der November hat in meinem Kulturkreis den inoffiziellen Beinamen „Totenmonat“. Allein schon wegen der beiden Feste Allerheiligen und Allerseelen, die wir am Monatsanfang begehen. Bei uns in Bayern ist es alter Brauch, am 1. November das Grab/die Graeber unserer Verstorbener aufzusuchen, kurz inne zu halten und ihrer zu gedenken.

In Argentinien kennt man derartige Braeuche nicht. Allerheiligen und Allerseelen sind ganz normale Arbeitstage und ginge man nicht in den Gottesdienst, man wuerde diese Tage einfach „ueber-leben“.

Ich moechte diese Tage zum Anlass nehmen und einen kleinen Bericht ueber die Begraebnisgepflogen-heiten hier in Buenos Aires praesentieren.

Wie ihr vielleicht schon wisst, ist Mittwoch mein freier Tag, den ich bis auf weiteres im Zentrum der Stadt verbringe.
Die Stadt Buenos Aires besteht aus vielen Stadtvierteln, die ihren je eigenen Charm haben. Vor ein paar Wochen war ich in Recoleta, dem Viertel der stinkreichen Argentiner. Eine, wenn nicht sogar DIE touristische Attraktion ist der Friedhof, der Cementario de la Recoleta.

Der Cementario de la Recoleta ist die Negropole der Reichen. Staatspraesidenten, Seehelden und Angehoerige der Oberschicht ruhen hier so praechtig wie sie einst lebten. Knapp 7000 Mausoleen, nicht wenige von namhaften Kuenstlern geschaffen, stehen dicht an dicht auf einem ca. 5,5 ha grossen Areal. Etwa 4700 Gruften soll es hier geben.

Eine davon gehoert der ehemaligen Grossgrundbesitzerfamilie Duarte. In ihr liegt auch eine (uneheliche) Tochter begraben: María Eva Duarte Ibarguren, besser bekannt als Evita Perón.

Ruhestaette von Evita Perón (* 07.05.1919; + 26.07.1952).
Ihr Leben hat als Aschenputtel in der Provinz begonnen. Anfang des Jahres 1944 lernt sie Juan Domingo Perón kennen und weicht von da an nicht mehr von seiner Seite. Perón ist zu diesem Zeitpunkt schon ein „gemachter Mann“. 1945 wird er schliesslich Staatspraesident und Evita die primera dama des Landes. Ihr soziales Engagement, besonders gegenueber den descamisados, den „Hemdlosen“, verschafft ihr eine vorher nie gekannte Popularitaet. Noch heute, ueber ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod, gilt sie als „Heilige der Hemdlosen“. Nicht zu vergessen ihr Engagement fuer die Rechte der Frauen!

Doch Evita hat auch Feinde. Die Oberschicht hasst sie, denn sie – diese uneheliche Landpomeranze – hat Argentinien einen arbeiterfreundlichen, sozial eingestellten Praesidenten beschert. So manch einer wird ihren krebsbedingten Tod 1952 gefeiert haben.

Evitas Leichnam wird zunaechst einbalsamiert und ausgestellt (wie Lenin in Moskau!). 
Schriftzug ueber dem Eingang
Dann geht er auf eine skurrile Reise um die halbe Welt, uebrigens auch in die Argentinische Botschaft (damals noch in Bonn). Ihre Reise dauert 16 Jahre, fast viermal laenger als ihr oeffentliches Leben als Gattin Peróns.
Zwischendurch wird der Sarg gekidnappt, auf einem Friedhof in Mailand zwischengelagert und von einem Friedhofswaechter im eigenen Haus versteckt, der darueber aus Versehen seine Ehefrau erschossen haben soll. Schliesslich wird Evita unter falschen Namen (in Mailand) beerdigt. 1971 taucht Evitas Leichnam wieder auf und ruht heute, durch Panzerstahlplatten vor Raubgrabungen geschuetzt, im besagten Familiengrab der Duarte auf dem Recoleta-Friedhof im feinen Norden von Buenos Aires, Planquadrat 3 B.

Da solche Gruefte nicht nur fuer eine Person, sondern fuer eine ganze Familie bestimmt sind, braucht man natuerlich dementsprechend Platz. Das bedeutet, dass es im wahrsten Sinne nach unten geht - sozusagen in den Keller. Auf dem folgenden Bild habe ich zwei besonders geeignete Beispiele ausgesucht.

Zwei besondere Beispiele.
Oben - das ist das normale Strassenniveau - ist der Eingang. Dieser ist mit einer mehr oder weniger blickdichten Tuere versehn. Fuer meine Fotos habe ich welche mit Glastuere gefunden. Die linken zwei Fotos zeigen eine Gruft mit geraeumiger Kapelle (das ist eher die Ausnahme!). Irgendwie muessen aber die Saerge der Verstorbenen nach unten. Dafuer gibt es entweder ein Loch im Boden, eine Treppe oder - wie hier - beides.
Die rechten beiden Fotos zeigen eine etwas engere Ausgabe. Oben stehen zwei (Schmuck)Saerge, in denen vermutlich die "Gruftgruender" ruhen. der Rest der Familie ruht buchstaeblich darunter. Wie auf dem ganz rechten Foto zu erkennen ist, wurden bereits vier weitere Familienmitglieder bestattet.  Und gegenueber (auf dem Foto nicht zu sehen) ist noch Platz ...



Natuerlich kennt man in Argentinien auch die Kremierung. Und wenn es mal wirklich zu eng wird und kein Platz mehr ist, kann man die verbliebenen Knochen seiner Vorfahren auch umbetten. Und einfach mal die halbe Verwandtschaft in die dunkle Ecke stellen - so wie auf diesem Foto!!


Auch das gehoert mit zum Gesamtbild: Zum Teil aufwendige Bauten, an denen der Zahn der Zeit nagt!
Zwischendrin finden sich gelegentlich aber auch Gruftanlagen, die nicht mehr gepflegt werden. Das kann daran liegen, dass eine Familie ausgestorben ist und keine Erben mehr da sind, die sich um die Gruft kuemmern. Oder die Hinterbliebenen sind schlicht verarmt und/oder koennen es sich nicht leisten, solche monumentalen Bauten zu pflegen. Da die Grundstuecke jedoch Familieneigentum sind (und nicht wie bei uns auf Zeit gekauft werden), wechselt der Besitzer nicht turnusmaessig; es verfallen die Gebaude und die Natur nimmt von ihnen Besitz. Es kommt selten vor, dass eine Gruft gaenzlich aufgegeben wird.
Detailreich verzierter Schmucksarg
Inzwischen ist der Platz auf dem Friedhof rar geworden, da er heute mitten in der Stadt liegt und daher nicht mehr erweitert werden kann. Umso begehrter sind deshalb frei werdende Plaetze.
Meinen Recherchen zufolge kann eine Gruft schon mal bis zu 150.000 US$ kosten. Es sei denn, man hat das unbeschreibliche Glueck, beim argentinischen ebay-Ableger eine fuer 28.500 US$ zu ersteigern – fuer Recoletaverhaeltnisse geradezu ein Schnaeppchen!